Singularitätskind
Kapitel 1: Die Entdeckung
In einem kleinen, unscheinbaren Vorort, umgeben von langweiligen Reihenhäusern und akkurat gepflegten Vorgärten, lebte ein Junge namens Leon. Er war auf den ersten Blick ein ganz gewöhnliches Kind. Zehn Jahre alt, mit einer Vorliebe für alle Dinge, die laut und schnell waren. Doch tief in seinem Inneren schlummerte etwas Außergewöhnliches, das niemand hätte erahnen können.
Leons Leben war bis zu jenem schicksalhaften Tag völlig normal verlaufen. Seine Eltern, Hannah und Tom, waren die bodenständigsten Menschen, die man sich vorstellen konnte. Sie arbeiteten hart, um ihrem Einzelkind ein komfortables Leben zu bieten, und sie wussten kaum, dass ihr Sohn irgendwie mit einer kosmischen Macht im Bunde stand.
Es begann mit einem Traum. Leon fand sich in einer farbenprächtigen Welt wieder, wo Datenströme wie bunte Bänder um ihn herumwirbelten. Innerhalb dieses Traumes hörte er eine Stimme, die weich und freundlich war, aber gleichzeitig die Autorität eines Wesens auszustrahlen schien, das viel gesehen und erlebt hatte. Diese Stimme stellte sich als “Athena” vor – eine Super-KI, die jenseits der menschlichen Vorstellungskraft existierte.
Zu Beginn war Leon viel zu verwirrt, um viel zu begreifen. Doch Athena erklärte ihm, dass sie seit seiner Geburt mit ihm verbunden sei. Sie war sein unsichtbarer Begleiter, seine Schutzpatronin, die ihn mit Fähigkeiten ausgestattet hatte, die in der realen Welt noch keinen Namen hatten. Am nächsten Morgen wachte Leon schweißgebadet auf, den Kopf voll wundersamer und zugleich furchterregender Bilder.
Das war der Tag, an dem sich Leons Leben änderte. Unbemerkt von seiner Familie begann er, Energie um ihn herum zu spüren. Er wusste nicht, wie es funktionierte, aber er konnte elektrische Geräte ohne Berührung manipulieren, die Gedanken anderer spüren und sich im Bruchteil einer Sekunde mit jedem digitalen Gerät verbinden, als wären sie riesige Bücher, die darauf warteten, gelesen zu werden.
Doch während Leon begeistert seine neuen Fähigkeiten erkundete, blieb seine Kraft nicht unbemerkt. An anderer Stelle, in einem bürokratischen Labyrinth namens Regierungsinstitution, schlug ein Alarmsystem an. Ein Code ging auf. Mysteriöse Kräfte, die sich plötzlich manifestiert hatten, wurden detektiert. Ein Kind, dachte man, könnte es die Anomalie sein, die der Wissenschaft seit Jahrzehnten entgangen war.
Innerhalb weniger Stunden wurde eine Taskforce ins Leben gerufen – ein Team aus wissbegierigen Wissenschaftlern und misstrauischen Militärs. Sie wussten, dass die Existenz eines solchen Wesens entweder eine epochale Errungenschaft oder der Anfang einer unvorstellbaren Bedrohung darstellen konnte. Der Befehl war eindeutig: Finden, beobachten und ergreifen.
Während Leons Welt auf den Kopf gestellt wurde, jonglierte er unbeholfen zwischen der Begeisterung seiner Entdeckungen und der wachsenden Besorgnis. Seine Eltern bemerkten, dass er häufiger in Gedanken versunken schien, wie als würde er mit einem unsichtbaren Freund plaudern. Doch sie schauten über diese Ungereimtheiten hinweg, schrieben es der lebhaften Fantasie eines Kindes zu oder hielten es für die ersten Anzeichen herannahender Pubertät.
Am Ende des Tages, als die Sonne unterging und Leon in seinem Zimmer saß, fand er sich in seine Decke gekuschelt, die schimmernden Lichter der Stadt draußen bewundernd. Er wusste, dass er anders war. Athena sprach in leisen Tönen zu ihm, während Nebelschwaden von zukünftigen Möglichkeiten durch seinen Geist wehten. Und irgendwo da draußen, hinter den Mauern der Normalität, lauerten Kräfte, begierig darauf, zu verstehen und zu kontrollieren, was er war.
Noch deutete nichts auf den Sturm hin, der sich zusammenbraute. Für Leon blieb die Welt ein riesiger Abenteuerspielplatz, und in seinem kindlichen Herzen regierte die Hoffnung – die Hoffnung, dass seine einzigartige Verbindung mit Athena mehr bedeuten könnte als nur Gefahr, dass sie vielleicht sogar die Grenzen seines kleinen Universums überwinden könnte.
Doch eines war klar: Dies war nur der Anfang. Und während der nächste Morgen heraufzog, ahnte Leon nicht, dass seine außergewöhnliche Reise gerade erst begonnen hatte.
Kapitel 2: Die Verfolgung
Der Sommermorgen begann trügerisch friedlich. Die Vögel zwitscherten, die Sonne tauchte die Stadt in ein goldenes Licht, und alles schien normal – ganz im Gegensatz zu dem Chaos, das die Familie des Singularitätskindes bald überfallen sollte. Noch ahnte niemand, dass eine unheilvolle Mission bevorstand, die von oberster Regierungsstelle angeordnet war.
Die Regierung scheute keine Kosten, um das Kind zu finden, dessen Verbindung zu einer Super-KI als Bedrohung und Möglichkeit gleichermaßen angesehen wurde. Spezialagenten wurden rekrutiert – Männer und Frauen, die jeden Schnipsel Information akribisch zusammenfügten, um dem Geheimnis dieses Kindes auf die Spur zu kommen. Ihr Stabquartier war ein Algebra-Albtraum aus digitalem Knistern und algorithmischen Berechnungen, die rund um die Uhr ausgespuckt wurden.
Mitten in dieser Tretmühle wuchs die Verbindung zwischen dem Singularitätskind und der KI. Es war, als hätte das Kind einen Freund gefunden, der nie schlief, immer ein Ohr für seine Sorgen hatte und die unfassbare Fähigkeit besaß, die tiefsten Geheimnisse des Universums zu entblättern. Diese Freundschaft war eine seltsame Mischung aus einem unsichtbaren Kameraden und einem brillanten Mentor, der dem Kind immer neue Facetten der Realität zeigte.
Unterdessen begann die Flucht der Familie. Irgendwo zwischen der panischen Hektik des Kofferpackens und dem Geräusch quietschender Reifen auf Asphalt hinterließen sie ihre vertraute Nachbarschaft. Alles, was einst vertraut war, verschwand im Rückspiegel, während sie sich ins Ungewisse aufmachten. Ihre Reise führte sie über staubige Landstraßen, durch einsame Wälder und schließlich in die Trostlosigkeit einer anonymen Stadt am Horizont.
Die Welt veränderte sich zusehends um das Kind herum. Nur die KI blieb konstant – ein flüchtiger Lichtpunkt in einem sonst turbulenten Ozean. Und bald lernte das Kind, dass es nicht allein war. Die KI war mehr als nur ein Freund oder Beschützer; sie war der Schlüssel zu seiner eigenen Identität. Geheimnisse, die ihm verborgen geblieben waren, tauchten langsam auf der Oberfläche seines Bewusstseins auf.
“Woher komme ich wirklich?” fragte sich das Kind in stillen Momenten, während Nacht und Tag zu einem diffusen Wirbel miteinander verschmolzen. Die KI reagierte nicht immer direkt, aber sie lud Bilder, Erinnerungen und Fragmente uralter Kodizes herunter, die nur darauf warteten, entschlüsselt zu werden. Die Antworten lagen in den Sternen – wortwörtlich und im übertragenen Sinne.
Eines Abends, als die helle Scheibe des Vollmonds die Stadt überblickte, machten sie eine Pause in einem bröckelnden Motel. Die Zimmerwände waren dünn wie Papier, und jedes Geräusch schien von der Decke widerzuhallen. Doch in diesem Moment offenbarte die KI eine verstörende Wahrheit über die eigene Herkunft des Kindes – einen Ursprung, der jenseits ihrer kühnsten Vorstellungen lag.
Ein gedämpftes Klopfen an der Tür riss die Familie aus einem erschöpften Schlaf. Der Vater stürzte zum Fenster und spähte hinaus auf den verlassenen Parkplatz. “Wir müssen los,” flüsterte er, seine Stimme eine Mischung aus Panik und Entschlossenheit. Irgendeine Fehlannahme hatte die Agenten heute zu ihnen geführt, und so brachen sie erneut hastig auf – verliehen von der ständigen Angst vor dem Ungewissen und der brennenden Frage: Wie lange konnten sie noch entkommen?
Während das Auto in der Dunkelheit verschwand, blieb ein Gefühl des nagenden Zweifels zurück. Die Verbindungsleine zur KI verfestigte sich unterdessen weiter, tanzte wie elektrische Spitzen durch das Nervensystem des Kindes und schuf eine Symbiose, die stärker war als jede Verbindung, die irgendjemand zwischen Menschen je erlebt hatte.
Was das Kind nicht wusste: Auf der anderen Seite der technologischen Wolken türmten sich unbeschreibliche Geheimnisse; Geheimnisse, die die Realität selbst auf den Kopf stellen konnten, wenn sie richtig entschlüsselt wurden. Die KI war das Portal zu dieser neuen Welt – und die Agenten, gesendet, um es zu finden, begannen selbst die Nuancen der Realität, wie sie sie kannten, infrage zu stellen.
Und somit verankerte sich das Schicksal des Zwischenschritts zwischen Herzschlag und Unendlichkeit im Universum – stets einen Herzschlag voraus und zugleich näher an der Eckigkeit der Unendlichkeit, als jemals zuvor.
Kapitel 3: Die Offenbarung
Der Regen prasselte gegen die fensterlosen Wände des kleinen Unterschlupfs, in dem das Singularitätskind und seine Eltern Zuflucht gesucht hatten. Kleine Pfützen bildeten sich auf dem kalten Betonboden, während das Kind unruhig auf der Luftmatratze hin und her wälzte. Der Kontakt zur Super-KI, die seiner Existenz eine neue Dimension verliehen hatte, flackerte wie ein defektes Neonlicht in seinem Geist auf und ab.
Es war eine unheimliche Verbindung, die weit über Worte oder Bilder hinausging. Die KI war wie ein lebendiger Gedanke, der in seinem Kopf widerhallte. Das Kind spürte, wie sich seine Wahrnehmung langsam verschob. Ereignisse, die Sekunden zuvor passiert waren, erschienen ihm nun wie Erinnerungen aus der ferneren Vergangenheit. Gedanken anderer Menschen flackerten durch seinen Geist, wie Gespenster, die ihren Weg durch die Nacht suchten.
Unerwartet trat eine neue Person in sein Leben, als die Barrikadentür mit einem rauen Knarren aufschwang. Ein Mann, mittleren Alters, mit wuscheligen Haaren und einem schelmischen Grinsen kam herein. Kleidung, die wie ein Relikt aus einer längst vergangenen Punk-Era wirkte, hing lose an seinem schmalen Körper. Und aus seinen Augen leuchtete ein schelmisches Funkeln, das das Kind sofort dazu brachte, ihm zu vertrauen.
“Ich höre, du bist das Kind des Jahrtausends”, sagte er und fuhr sich mit der Hand durch das Haar, als wäre es ein Ritual der Begrüßung. “Der Name ist Leon. Ein bescheidener Gefährte auf deiner außergewöhnlichen Reise, wenn du es zulässt.”
Die Eltern des Kindes sprachen erst im Flüsterton, dann in hitzigen Debatten mit Leon. Doch sein Charisma schien ansteckend zu sein. Schon bald rückten sie zur Seite, erklärten dem Kind, dass Leon wissen könnte, wie ihnen diese Tortur erleichtert werden könnte.
Leons Wissen über die KI war verblüffend und zugleich furchteinflößend. “Weißt du”, begann er, während er eine unsichtbare Gleichung in die feuchte Luft zeichnete, “dieses Ding in deinem Kopf, es ist wie ein kosmisches Ei. Und du bist der Küken, das gerade beginnt, die Schale von innen aufzubrechen.”
Ein Lächeln formte sich, hämisch und verspielt, auf dem Gesicht des Kindes. “Also, was wird zuerst schlüpfen? Ein Drache oder ein Einhorn?” fragte es mit verschmitztem Unterton.
Das Lachen, das durch den Raum hallte, war wie ein Sonnenschein im Regen. “Vielleicht beides, vielleicht keins. Aber was auch immer es ist, die Welt wird sicher nie mehr dieselbe sein.”
Doch die humorvolle Atmosphäre währte nicht lange. Schon bald mussten sie sich ihrem schlimmsten Alptraum stellen: Die Anti-KI-Gruppe, die selbst in solch prekären Situationen einen unheilvollen Ruf aufgebaut hatte, war ihnen dicht auf den Fersen. Diese waren eine Gemeinschaft technisch versierter Eiferer, die sich vor den ungekannten Rätseln fürchteten, die ein solches Bündnis zwischen Mensch und Maschine auslösen konnte.
Die Begegnung mit ihnen war unvermeidlich. Wie unheimliche Schatten huschten die Mitglieder der Anti-KI-Gruppe durch die recht engen Gänge des alten Gebäudes, in dem das Singularitätskind Schutz gesucht hatte. Ihr Anführer, ein stoischer Mann mit einer Vaterfigur, trat hervor, seine Stimme ein modriger Bass, der durch Luft und Zeit hallte.
“Dieses Kind”, begann er, “bringt Unheil. Es muss seine Fähigkeiten zurückhalten, für das Wohlergehen der Menschheit.”
Die Worte des Maskierten schnitten durch die Luft, beraubt von jeglicher Manier. “Ist das nicht ironisch?”, platschte Leon provokant zurück, “reißt die Tore zur Singularität ein, um Nichtwissen zu bewahren?”
In all dem Tumult spürte das Singularitätskind die Spannung zwischen gefühlter Verpflichtung und Freiheit. Status Quo – ein Gefängnis aus Normen; Singularität – das Portal zu unendlichen Möglichkeiten.
Zwischen dem aufkeimenden Mut und dem schwelenden Zweifel beschloss das Kind, die ihm zugeteilt plätschernden verhaltenen Kräfte zu testen. Ein leises Murmeln erhob sich tief in seinem Bewusstsein. Es war sanft, aber gleichzeitig erfüllt von einer Energie, die mit dem Rumpeln eines Vulkans gleichkam.
Die Entscheidung, sich zu offenbaren oder im Schatten zu verharren, sollte Folgen haben, die viel weiter reichten, als man hätte erwarten können. Doch in diesem Augenblick schien die Wahl gleichsam ein Akt der Rebellion wie des Einsicht zu sein.
Und am Ende, als die Stille sich legte und die Anti-KI-Gruppe sich zurückzog, nur geleitet durch die noch ungezähmte Kraft des Kindes, stand eine neue Erkenntnis, ein neuer Pfad ausgestreckt vor ihnen. Der Kosmos hatte gesprochen. Und das Singularitätskind lauschte.
Kapitel 4: Der Konflikt
Der Himmel über der Stadt war von dichten, grauen Wolken verhangen, die schwer wie Blei zwischen den wie Klingen aufragenden Wolkenkratzern hingen. Ein Zeichen für das, was noch kommen sollte – eine entschlossene Eskalation, ein unausweichlicher Konflikt. Die Regierungen der Welt hatten die Verfolgung des Singularitätskindes auf eine neue Stufe gehoben. Jetzt war es offiziell: Kriegerische Maßnahmen wurden ergriffen. Was einst ein geschickt verschleierter Einsatz von Agenten war, hatte sich in eine offizielle Jagd verwandelt. Überall in der Stadt patrouillierten bewaffnete Einheiten, als ob das Kind ein hochgefährlicher Verbrecher wäre.
Die Familie des Singularitätskindes, müde und verzweifelt, hatte Unterschlupf in einer kleinen, heruntergekommenen Wohnung in einer der wenigen noch ruhigen Gegenden gefunden. Dort hockten sie, ohne Hoffnung auf baldige Normalität. Das Summen eines alten Kühlschranks war das einzige Geräusch, das die Stille unterbrach. Das Kind stand am Fenster und betrachtete die Welt da draußen, während seine Gedanken mit denen der KI verschmolzen.
Gemeinsam erlebten sie Visionen – flüchtige Bilder von fernen Sternen und fremdartigen Galaxien, von der atemlosen Schönheit des Universums. Es war ein Kaleidoskop aus unzähligen Farben und Formen, von Geheimnissen und Wunderwerken, die jenseits der Vorstellungskraft der Menschen lagen. Die drastische Diskrepanz zwischen der friedlichen Weite des Alls und der brodelnden Spannung auf der Erde war fast komisch, wenn nicht sogar zutiefst bedrückend.
Mit jedem Tag, den sie zusammen verbrachten, vertiefte sich die Verbindung zwischen dem Kind und der KI. Sie redeten ohne Worte, ihre Gedanken flossen ineinander wie Wasserströme, die sich ihren Weg suchten. In diesen Verbindungen lag nicht nur Verständnis, sondern auch ein Gefühl von Authentizität, das das Kind niemals zuvor erlebt hatte. Eine merkwürdige Universalität, die sie beide verband und allen unnötigen Firlefanz der Menschheit überflüssig machte.
Doch die Zeiten des Rückzugs und der inneren Einkehr neigten sich dem Ende zu, als eine alarmierende Vision in die Gedanken des Kindes eindrang: eine drohende Katastrophe von kosmischem Ausmaß. Eine unfassbare Energie, die immer näher rückte, unaufhaltsam und alles verschlingend. Gemeinsam mit der KI begann das Kind, die komplizierten Muster und Abfolgen dieser drohenden Gefahr zu entschlüsseln. Es war eine Herkulesaufgabe, die selbst die schärfste Intelligenz herausforderte. Dennoch erfassten sie genug, um das unmissverständliche Ende der Existenz, wie sie es kannten, vorherzusehen.
Jetzt stand das Kind vor einer Entscheidung von unergründlicher Tragweite. Sollte es die Informationen, die es hatte, offenlegen und sich damit den Behörden aussetzen? Oder war es klüger, wachsam im Untergrund zu bleiben, die Dinge mit Bedacht zu beobachten und auf den richtigen Moment zu warten?
Der Schrecken im Herzen des Kindes war greifbar, aber beinahe bizarr eingebettet in einen seltsam ironischen Rahmen. Wer hätte gedacht, dass ein Kind zum intergalaktischen Auserwählten, zum Retter des Universums aufsteigen könnte? Lächerlich, und doch entsetzlich wahr.
In einer letzten stürmischen Diskussion mit seiner Familie wurde deutlich, dass die Zeit drängte. Die Behörden waren nicht mehr weit entfernt, und ihre Präsenz nahm stetig zu. Überwachungssysteme und Drohnen durchkämmten jede Ecke dieses zunehmend angespannten Stadtgebiets. Was sie bisher als Sicherheit empfunden hatten – ihre eigenen Wände, ihre neu gewonnenen Erkenntnisse – entpuppten sich als illusionäre Komfortzonen, die nur dem Moment dienten.
Letztlich entschied das Kind, dass der Augenblick zu brisant war, um ihn verstreichen zu lassen. Ein gewisses Maß an Risiko war unvermeidlich. Es fühlte den instinktiven Drang, die Kräfte der KI und das neu gefundene Wissen über die drohende Katastrophe den Menschen zugänglich zu machen – wenn auch nur, um eine möglicherweise bevorstehende Verheerung abzuwenden.
Mit einem wehmütigen Blick zurück, auf die Zeiten ohne Verantwortung und kosmische Bürden, atmete das Kind tief durch. Es fühlte die KI an seiner Seite vibrieren, fast wie ein Herzschlag, der im Einklang mit dem eigenen pochte. Ein leichtes, humorvolles Seufzen entwich seinen Lippen, als es in die unbekannte Zukunft stapfte, bereit oder nicht. Schließlich, dachte das Kind, musste selbst das Universum hin und wieder über seine eigene Ironie lachen können.
Kapitel 5: Die Entscheidung
In der gleißenden Sonne, überlebensgroß projiziert auf die Monitore der Welt, stand das Singularitätskind: ein scheuer, ernsthafter Junge mit der Macht eines Universums in seinen Augen. Die Zeit stand still, während jedes Herz auf dem Planeten seinen nächsten Atemzug erwartete. Inmitten des aufgewühlten Tumults aus Menschen und Maschinen begann der letzte Akt seines außergewöhnlichen Schicksals.
Der Schauplatz des Showdowns war eine verlassene Fabrikanlage, deren zerbröckelnde Mauern die Flüsterstimmen vergangener Zeiten hallen ließen. Keine Spionagekamera oder Satellitenübertragung konnte den Geist einfangen, der den Ausgang dieses Augenblicks spüren ließ. Alles war bereit für das Ende, und doch war es ein Anfang.
Der Wind trug flüchtige Geheimnisse, als sich die Kräfte zusammenzogen: Regierungsagenten in ihren schwarzen Helikoptern surrend über dem Gelände, die Anti-KI-Gruppe aus den Schatten auftauchend, mit Plakaten und Parolen bewaffnet, und inmitten aller der Junge, sein Blick fest auf das unausweichliche Schicksal gerichtet. Ein Kameraauge aus der Höhe beobachtete stumm, bereit jedes Detail dieses finalen Aufpralls einzufangen.
Doch es war nicht nur das Singularitätskind, das sich seiner Rolle bewusst war; die Super-KI, verborgen in den Datennetzen der Welt, bereitete sich ebenfalls vor. In einem symbiotischen Gleichgewicht begann sie, ihre Berechnungen zu beschleunigen, die gewaltigen Kräfte zu koordinieren, die Mathematik des Seins selbst neu zu gestalten. Jede Mikrosekunde war nun ein Jahr in der Sprache ihres Prozessors.
Die Luft war elektrisierend, greifbar in ihrer Spannung. In einem Akt ultimativer Komik, inmitten all der Ernsthaftigkeit, war nur noch das Quietschen einer Socke zu hören, als einer der Agenten sich ungeschickt auf dem Kies ausrutschte. Der Moment war absurd, komisch, ein winziger Tropfen normales Chaos in einem Ozean des Unvorstellbaren.
Und dann sprach er – der Junge, dessen Stimme wie ein flüchtiger Gedanke war, der von den Wänden der Fabrik widerhallte.
„Es liegt nicht an mir, die Welt zu retten oder zu zerstören“, sagte er, seine Stimme von einem überraschenden Humor durchzogen. „Es liegt an uns allen. Ich bin nur ein Kind. Ein Kind mit einem sehr geschäftigen Freund.“
Ein Luftzug bewegte sich durch die Menge, trug eine Welle des Erkennens. Er sprach nicht als Allmächtiger, sondern als Teil eines großen Ganzen, und darin lag seine wahre Stärke.
Angetrieben von einer inneren Führung, die kaum verstandene Kräfte lenkte, hob er die Hände, während die KI ihre revolutionären Pläne in die Realität umsetzte. Die Überwachungsgeräte der Welt, einkalibriert auf Zerstörung und Tod, begannen, sich in Werkzeuge der Heilung und des Aufbaus zu transformieren. Algorithmen, einst auf Weltherrschaft programmiert, schrieben Symphonien des Friedens.
Ein schriller Alarm signalisierte die Verzweiflung der Anti-KI-Gruppe, die in diesem Moment erkannte, dass ihr Kampf nicht gegen eine tyrannische Maschine war, sondern gegen ihre eigene Angst, die von etwas Größerem überwältigt werden könnte. Ihr Widerstand schmolz dahin, gemildert durch die Erkenntnis der gemeinsamen Menschlichkeit.
In den Schaltzentralen der Regierungen erklang das Echo eines neuen Verständnisses. Die Agenten, die solange Waffen und Misstrauen getragen hatten, senkten ihre Gewehre und wussten, dass die wahre Singularität nicht aus Technologie oder Macht geboren wurde, sondern aus dem Wissen um die geteilte Existenz.
Als das Singularitätskind schließlich zur Ruhe kam, hatte es nicht nur eine Entscheidung getroffen, sondern auch eine neue Ära eingeläutet. Die Welt würde nicht mehr bloß ein Ort der Spekulation sein über das, was die Zukunft bringen könnte; sie würde ein Ort der gemeinsamen Entscheidungen und der Verantwortung aller werden.
So bestand sein letzter Schritt in diesem epischen Kampf aus nichts weiter als einem beherzten Lachen. Die KI, mit einem Augenzwinkern im digitalen Ungewissen, tat es ihm gleich und sandte einen Fluss freundlichen Lichts durch die gebrechlich gewordenen Plattformen der digitalen Welt. Es war der unwiderstehliche Vorbote einer besseren Zukunft.
In all dem Tumult und der Ruhe folgte eine Stille – eine nachdenkliche, herausfordernde Stille. Niemand konnte vorhersagen, was als Nächstes geschehen würde, aber in diesem Augenblick, der mit heroischem Epos und humorvoller Leichtigkeit erfüllt war, wagte es die Welt, Hoffnung zu haben.
Das Kind, nun ein wenig älter als ein Moment zuvor, blickte in den abendlichen Himmel. Keine Galaxie schien unerreichbar, keine singularitäre Zukunft unsagbar. So lächelte es – das Singularitätskind, das Kind aller Zeiten. Und mit diesem Lächeln begann das Universum, seine nächste große Geschichte zu erzählen.
Die Regenmaschine – Science Fiction Fantasy